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Afghanistan-Abschiebepraxis der deutschen Bundesländer – eine Übersicht von Pro Asyl

Afghanistan-Abschiebepraxis der deutschen Bundesländer – eine Übersicht von Pro Asyl

 

Afghanistan-Abschiebepraxis der deutschen Bundesländer – eine Übersicht von Pro Asyl

Pro Asyl hat eine Übersicht zur Abschiebepraxis der deutschen Bundesländer nach Afghanistan zusammengestellt, Stand April 2019. Ich reproduziere das Dokument hier (im Original hier zu finden):

Performance (Bombenanschlag) bei der Mahnwache gegen Abschiebungen nach Afghanistan vor dem Berliner Hauptbahnhof im September 2017. Foto: Newsgroup Afghanistan.

Übersicht-Abschiebungspraxis-Bundesländer-Afghanistan

  Wer ist aktuell von Abschiebung bedroht? Quelle/Beschlusslage
Baden-Württemberg Schiebt regelmäßig vereinzelt Menschen per Sammelabschiebung nach Afghanistan ab. Aktuell Beschränkung auf Straftäter, Gefährder, Identitätsverweigerer. Ausweitung auf andere Personengruppen wird von Landesregierung geprüft. „Das Innenministerium sieht es unter Berücksichtigung der vorhandenen Abschiebungskapazitäten als vordringlich an, dass die Ausreisepflicht von Afghanen, die einer der genannten Gruppen angehören, durchgesetzt wird. Derzeit prüft die Landesregierung, ob, in welchem Umfang oder unter welchen Voraussetzungen künftig weitere Personen für die von der Bundespolizei organisierten Abschiebungsflüge angemeldet werden können.“

Bayern Schiebt mit Abstand die meisten Personen nach Afghanistan ab. Laut offizieller Auskunft keinerlei Beschränkung – nicht einmal bei Familien, Frauen, Kindern, vulnerablen Personen. Faktisch sind alle ausreisepflichtigen alleinstehenden Männer potentiell von Abschiebung bedroht. „Insofern ergeben sich weder für die in der Anfrage zum Plenum benannten Personengruppen (Integrierte und unbescholtene Einzelpersonen, Familien, Kinder, ältere Menschen und Kranke) noch hinsichtlich des Ziellands Afghanistan Besonderheiten, sofern eine Abschiebung im Einzelfall tatsächlich und rechtlich durchführbar ist.“Quelle: Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration im bayerischen Landtag am 26.06.2018, Drucksache 17/23002, S. 10.
Berlin Hat seit Juli 2018 vereinzelt schwere Straftäter nach Afghanistan abgeschoben.Beschränkung auf Straftäter, Gefährder und „hartnäckige Identitätsverweigerer“.Bei Straftätern: Strafen von insgesamt weniger als 50 Tagessätzen bzw. 90 Tagessätzen nach aufenthaltsrechtlichen Vorschriften bleiben außer Betracht. Quellen:„Berliner Weisungslage zu ausreisepflichtigen Personen aus Afghanistan“, Schreiben des Berliner Beauftragten für Integration und Migration vom 19.05.2017.„Rückführung ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger“, Verfahrenshinweise der Ausländerbehörde Berlin, Stand März 2019, S. 737ff (von mir aktualisiert).

Übersicht Abschiebungspraxis Afghanistan, Stand April 2019, http://www.proasyl.de

  Als „hartnäckige Identitätsverweigerer“ gelten Personen, die mehr als zwei Identitäten benutzt oder mehrfach getäuscht haben und nicht selbst über die Täuschung aufgeklärt haben.  
Brandenburg Hat sich vereinzelt an Sammelabschiebungen beteiligt. Potentiell betroffen sind offenbar alle ausreisepflichtigen erwachsenen Afghanen, die sich nicht in einer Ausbildung oder einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung befinden. „Unseren Informationen zufolge soll es im Juli ein Treffen zwischen allen kommunalen Ausländerbehörden und der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg gegeben haben, auf dem die Einschränkungen für Abschiebungen nach Afghanistan weitestgehend aufgehoben wurden. Fortan sollen alle grundsätzlich ausreisepflichtige erwachsenen Afghanen, die sich nicht in einer Ausbildung oder sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung befinden, zur Vorbereitung einer Abschiebung gemeldet werden.“Quelle: Blog “Afghanistan Zhaghdablai – Thomas Ruttig über Afghanistan”, Beitrag vom 13.08.2018.
Bremen Hat sich bisher als einziges Bundesland noch nie an Sammelabschiebungen nach Afghanistan beteiligt. Beschränkung auf Straftäter und Gefährder. Quelle: „Kaum Abschiebungen nach Afghanistan“, nwzonline.de vom 06.08.2018.
Hamburg Schiebt regelmäßig vereinzelt Menschen per Sammelabschiebung nach Afghanistan ab. Beschränkung auf Straftäter, Gefährder, „Identitätstäuscher“. „Das rot-grün regierte Hamburg schiebt nur terroristische Gefährder, Straftäter oder sogenannte Identitätstäuscher nach Afghanistan ab. Generell gelte bei diesen Abschiebungen immer die Einzelfallprüfung, hieß es in der Innenbehörde.“Quelle: „Hamburg schiebt 26-jährigen Afghanen ab“, Hamburger Abendblatt vom 05.12.2018.
Hessen Schiebt regelmäßig vereinzelt Menschen per Sammelabschiebung nach Afghanistan ab. Laut Koalitionsvertrag werden „vorrangig Straftäterinnen und Straftäter und Gefährderinnen und Gefährder“ „Sollte die Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan weiterhin für möglich halten, werden wir weiterhin vorrangig Straftäterinnen und Straftäter und Gefährderinnen und Gefährder dorthin abschieben. Wir werden darauf hinwirken, dass diejenigen, die nicht unter den Vorrang fallen, längerfristige Duldungen

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  abgeschoben. erhalten, zumal die tatsächlichen Rückführungsmöglichkeiten noch nicht gegeben sind.“Quelle: KOALITIONSVERTRAG zwischen CDU Hessen und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Hessen für die 20. Legislaturperiode, S. 126.HMdIS-Rundschreiben vom 08.02.2017: Rückführungen ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger in ihren Herkunftsstaat
Mecklenburg- Vorpommern Hat sich vereinzelt an Sammelabschiebungen nach Afghanistan beteiligt. Offenbar alleinstehende, ausreisepflichtige Männer von Abschiebung bedroht, die sich nicht in einer Ausbildung oder einem Arbeitsverhältnis befinden. „Auch die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern will künftig alleinstehende Männer nach Afghanistan rückführen, macht aber eine weitere Einschränkung: Es seien nur jene betroffen, „die sich weder in einer Ausbildung befinden, noch eine Arbeit aufgenommen haben“.Quelle: „So handhaben die Bundesländer Abschiebungen“, tagesschau.de vom 14.08.2018.
Niedersachsen Hat bisher einen Straftäter nach Afghanistan abgeschoben. Beschränkung auf schwere Straftäter und Gefährder. „Unter Einbeziehung der IMK-Beschlussfassung wird gegenwärtig nur eine Abschiebung von Gefährdern und Straftätern in Betracht kommen. Dabei muss für die Abschiebung eines Straftäters aufgrund der zu berücksichtigenden humanitären Gesichtspunkte eine Straftat von entsprechendem Gewicht vorliegen. Demzufolge kommen für eine Abschiebung nach Afghanistan gegenwärtig Straftäter in Frage, die schwere Straftaten – wie z. B. Mord, Totschlag, nicht unerhebliche Körperverletzungsdelikte, Raub, räuberische Erpressung, nicht unerhebliche Betäubungsmitteldelikte oder Sexualstraftaten – begangen haben.“Quelle: Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport „Abschiebungsvollzug Afghanistan“ vom 21.07.2017.
Nordrhein-Westfalen Schiebt immer wieder vereinzelt Menschen nach Afghanistan im Zuge der Sammelabschiebungen ab. Offenbar Beschränkung auf Straftäter und „‘Nach der derzeitigen Lage halte ich es nicht für verantwortbar, Familien mit Kindern nach Afghanistan zurück zu schicken‘, sagte Stamp dem SPIEGEL. Nordrhein-Westfalen werde aber ‚weiterhin konsequent die Rückführung von

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  Gefährder. Straftätern und Gefährdern fortsetzen‘, ergänzte er.“Quelle: „FDP-Minister will Familien nicht nach Afghanistan abschieben“, Spiegel Online vom 08.06.2018.
Rheinland-Pfalz Schiebt regelmäßig vereinzelt Menschen nach Afghanistan ab. Beschränkung auf Gefährder und Straftäter. Bei Straftätern: In der Regel nur Menschen, die zu 90 Tagessätzen oder mehr verurteilt wurden. In Ausnahmefällen Abschiebung auch möglich bei Personen, die strafrechtlich noch nicht verurteilt wurden, bei denen jedoch ein „außerordentlich hohes Interesse an der Aufenthaltsbeendigung besteht“. Quelle: Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, Elektronischer Brief zum Umgang mit abgelehnten afghanischen Asylbewerbern vom 07.12.2018.
Saarland Beteiligt sich vereinzelt an Sammelabschiebungen. Bisherige Beschränkung auf Straftäter, Gefährder, Identitätsverweigerer gilt offenbar nicht mehr ausnahmslos. Quelle: „Kritik an Abschiebungen nach Afghanistan“, Saarbrücker Zeitung vom 14.03.2019.
Sachsen Beteiligt sich seit einiger Zeit regelmäßig an Sammelabschiebungen. Von Abschiebung bedroht sind potentiell alle ausreisepflichtigen, alleinstehenden Männer. „Sachsen folgt der Einschätzung der Bundesregierung – jedoch mit einer Einschränkung: ‚Wir konzentrieren uns auf allein reisende, männliche Personen. Frauen und Kinder werden seitens des Freistaates Sachsen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nach Afghanistan abgeschoben.‘“Quelle: „So handhaben die Bundesländer Abschiebungen“, tagesschau.de vom 14.08.2018.
Sachsen-Anhalt Beteiligt sich immer wieder vereinzelt an Sammelabschiebungen. Beschränkung auf Straftäter, Gefährder und Identitätsverweigerer wurde Quelle: Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport Sachsen-Anhalt vom 03.01.2019, Beendigung des Aufenthalts von ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern; Rückführungen nach Afghanistan; Az.: 35.22-12231-88.1.

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  offenbar im Januar 2019 aufgehoben.  
Schleswig-Holstein Beteiligt sich seit 2018 immer wieder vereinzelt an Sammelabschiebungen. Jeweils Einzelfallprüfung durch das zuständige Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration. Straftäter, Gefährder sowie Personen, bei denen Ausweisungsgründe vorliegen, können von Ausländerbehörden auch ohne vorherige Vorlage beim Innenministerium gemeldet werden.In der Praxis bisher Beschränkung auf Straftäter. Quelle: Schleswig-Holsteinischer Landtag, Drucksache 19/1271, 01.03.2019.
Thüringen Hat sich sehr vereinzelt an Sammelabschiebungen nach Afghanistan beteiligt.Beschränkung auf schwere Straftäter und Gefährder. „Aufgrund der fragilen Sicherheitslage in Afghanistan finden Abschiebungen aus Thüringen dorthin grundsätzlich nicht statt. Ausnahmen können nur diejenigen Fälle bilden, in denen es sich um Gefährder oder um Straftäterhandelt, die wegen besonders schweren Straftaten zu Freiheitsstrafen verurteilt worden sind.“Quelle: Dieter Lauinger, Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, laut Plenarprotokoll der 134. Sitzung des Thüringer Landtags am 13.12.2018, S. 91.

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